MDZ

Der Monatliche Dreizeiler im Juli mit einem Segen für die Ohren, einem Rant und Postkarten

Titelbild und Zusammengestellung von: Laura

Einmal im Monat präsentieren wir im Monatlichen Dreizeiler, was uns in letzter Zeit inspiriert oder geschockt hat. Das was augenöffnend war. Außerdem sammeln wir für den neuen Monat das, was noch kommt: Interessante Veranstaltungen oder Aktionen zu z.B. Feminismus, Nachhaltigkeit und Transformation in Schleswig-Holstein.


Für Juli packen Emely und Anna drei spannende Dinge in deinen Koffer. Du hast keinen Urlaub? Wir auch nicht. Der Monatliche Dreizeiler ist aber auch was fürs abendliche Philosophieren und Diskutieren am Hafen oder am Küchentisch. Schließlich könnten wir auch mal wieder vor der eigenen Haustür kehren! Los gehts.

Ein Lern-Fest für deine Ohren 

– Eine Podcast-Empfehlung von Emely 

Emely mag Tiere, Ohrringe und bunte Farben. Sie erzählt gern komische Geschichten und träumt von einem Podcast, den sie FreshFM nennen würde.

Am liebsten würde ich an dieser Stelle eine bestimmte Folge des Spotify Original Podcasts Realitäter*innen empfehlen.

Aber das kann ich bei bestem Gewissen nicht tun, ich könnte und wollte mich für keine entscheiden. Seit Februar diesen Jahres segnen Gizem Adiyaman und Lúcia Luciano vom (legendären) Hip-Hop DJ Duo Hoe_mies jeden zweiten Donnerstag meine Ohren und mein Gehirn.

In dem auf- und erklärenden Format stellen sich die beiden, auch zusammen mit ihren Gästen, konkrete und sehr direkte Fragen zu Themen wie Bodypositivity, Rassismus oder Feminismus: Welche Verantwortung tragen Influencer*innen auf Social Media? Wie zeitgemäß und sinnvoll sind Haftstrafen und Gefängnisse? Wie daten wir in 2020? Boom, all das sind die Titel von bereits erschienenen Folgen. Zu den Gästen, die als Expert*innen zu den jeweiligen Themen eingeladen werden, gehörten bisher unter anderem Journalist*innen wie Kemi Fatoba und Ferda Ataman, Aktivist*innen wie Mouctar Bah von der Initiative Oury Jalloh, der Late-Night-Host Tarik Tesfu und Musikerin Nura.  

Richtig gut finde ich dabei, dass es echte Gespräche sind, die nicht nur extrem informativ und ernst, sondern dabei auch noch unterhaltend und inspirierend sind. Ehrlich, bei Realitäter*innen wird die selbstkritische Erkenntnis von einem herzlichen Lachen über eine Popkultur Referenz gejagt. Ich lerne beim Zuhören unheimlich viel und oft geben mir die beiden gleich noch obendrauf die passende Sprache mit, um das Gelernte zu verinnerlichen und weiter tragen zu können.

inklusiv. intensiv. – Ein Lern-Fest für deine Ohren! Promise.

– Emely

Schreib doch mal wieder Post: Für ein klimafreundliches Flensburg 

– Eine Mitmach-Empfehlung von Anna

Anna mag Bücher binden beziehungsweise gestalten – dabei isst sie am liebsten Lakritz und Rote Beete.

Wann, wenn nicht im Sommer(urlaub), kommt man mal wieder dazu, den Stift zu zücken, eine besonders schöne Postkarte aus dem Urlaubsort zu erwerben und ein paar Zeilen über das wunderbare Wetter zu verschicken? Wie wäre es zur Abwechslung mal mit einer Postkarte an eine*n Kommunalpolitiker*in? Mit lieben Grüßen und dem Hinweis auf die nötige Gestaltung des klimafreundlichen Verkehrs in deiner Stadt?

Die Postkartenaktion  #endlichTaten! der Flensburger Ortsgruppen des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) und des ADFCs, der Aktionsgruppe KLIMA Flensburg und der Initiative Tempo 30 für die Toosbüystraße, startete Anfang Juni in Flensburg. Die Organisator*innen wollen den Kommunalpolitiker*innen damit die Dringlichkeit der Förderung klimafreundlichen Verkehrs näher bringen. Maßnahmen statt vielversprechende Worte sind gefragt, um den Raum in der Stadt zu Gunsten einer umweltfreundlichen Fortbewegung umzuverteilen.

Zu Fuß gehen, mit dem Rad fahren oder den Bus zu nehmen, – also umweltfreundliche Fortbewegung – muss so bequem wie möglich und gleichzeitig sicher für alle sein. Dafür benötigen wir dringend entsprechende Strukturen. Um diese Strukturen zu schaffen, lassen Städte komplexe Mobilitätskonzepte erstellen. Meist strotzen die nur so vor grandiosen Ideen: Verbesserte Verknüpfung der Quartiere durch Radwegeausbau, Verbesserung von bestehender Radinfrastruktur, Komfortsteigerung in Form von Fahrradabstellanlagen oder Halterungen, Erneuerung von Bushaltestellen, Errichtung von Mobilitätsknotenpunkten, aktive Parkraumbewirtschaftung, Verbannen von motorisiertem Individualverkehr, you name it.

Doch was von diesen guten Ideen wird letztendlich umgesetzt? In Städten, wie Berlin und Hamburg zeigen sich derzeit gute Beispiele, wie Mobilität und die Aufteilung der Straße gestaltet werden kann – wenn Stadtpolitik denn nur will und dazu aufgefordert wird. Um Aufmerksamkeit und Druck für solche Ideen zu erzeugen, sind konkrete Forderungen der Bevölkerung oder Aktionen wichtig – wie beispielsweise in Flensburg durch Fridays for Future oder aber #endlichTaten!.

Demonstrant*innen sperrten am Freitag, 19.06.2020, einen Abschnitt der Straße Süderhofenden, wodurch sich der Pkw-Verkehr rückstaute.

Nötig hat es die Politik in Flensburg für umweltfreundliche Mobilität aufmerksam gemacht zu werden, wenn man beispielsweise aktuelle Diskussionen im Planungsausschuss mitverfolgt. Als zukunftsorientiert und mutig können die Diskussionsbeiträge nicht unbedingt bewertet werden. Die Organisator*innen der Postkartenaktion haben außerdem alle acht Fraktionen dazu aufgefordert ihre Ziele für die nächsten zwei bis drei Jahren im Verkehrsbereich, sowie konkrete, kurzfristige Projekt innerhalb der nächsten sechs Monate zu formulieren.

Antworten werden Ende Juli erwartet – wir können also gespannt sein, welche Positionen es in Flensburg zum klimafreundlichen Verkehr gibt. Mach deswegen mit, setz dich ein und schreib der Politik eine Postkarte! Mit Engagement wird mehr Mut und Umsetzungsfreude freigesetzt.

Du findest die Postkarten in einigen Läden in Flensburg, zum Beispiel bei Momo in der Norderstraße; du kannst aber auch den VCD direkt kontaktieren unter: flensburg@vcd-nord.de oder 0431-9864626.

Da fällt mir kein Meme mehr zu ein 

– ein (satirisch-überspitzter) Kommentar über Sprache, Seehofer und die Meinungsfreiheit von Emely

2020, wo soll ich anfangen? Vielleicht damit, dass vieles von dem, was bis jetzt passiert ist mich aufgewühlt hat und ich jeden Tag das Gefühl habe, mich erst in der Einleitung eines dystopischen Romans zu befinden.

Mitte des Jahres und wir haben den Höhepunkt des Romans immer noch nicht erreicht:  Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) haben die taz Autor*in Hengameh Yaghoobifarah wegen Volksverhetzung (kein Witz) angezeigt. Auslöser dafür war eine satirische Kolumne über eben diese Berufsgruppe. Letzte Woche hat sich natürlich auch noch der Horst dazu gemeldet und wollte ebenfalls Strafanzeige erstatten. Horst ist aber nicht irgendein alter weißer Cis-Mann oder sonst ein Internettroll, sondern der fucking Innenminister der Deutschen Bundesrepublik. LOL. 

Da fällt mir kein Meme zu ein. Denn das ist vieles, aber nicht lustig. Hier hätte ein Bundesminister eine Journalist*in, mit Diskriminierungserfahrung, auf dem Rechtsweg bedroht. Und damit die Meinungsfreiheit. Seehofer sprach gegenüber der Bildzeitung davon, dass eine “Enthemmung der Worte […] zu einer Enthemmung der Taten und zu Gewaltexzessen” führe, wie man es bei den Ausschreitungen in Stuttgart erlebt hätte. 

Allez Horst, dann lass uns doch mal über die Enthemmung von Worten sprechen! Wie oft müssen Rechte noch mit menschenverachtenden Wörtern und Formulierungen um sich werfen, bis das als Gewalt anerkannt wird?

Im Zuge der Black Lives Matter Bewegung der letzten Wochen mussten und müssen Schwarze Menschen immer noch zum 1000. Mal erklären, warum das N-Wort nicht ok und verletzend ist – als hätten sie nichts Besseres zu tun. Landet jetzt einfach jedes zweite Rap-Album auf dem Index, weil darin drogen- und gewaltverherrlichende Sprache vorkommt? Ach ja, und übrigens auch einiges an Kritik an der Polizei. 

Was ist mit Seehofers Sprache, wenn er davon redet, sich “bis zur letzten Patrone” mit der CSU in der Koalition gegen eine “Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme” zu sträuben ? Oder wenn er darüber scherzt, dass an seinem 69. Geburtstag 69 afghanische Personen abgeschoben wurden (von denen sich einer danach das Leben nahm)? Wohin führen diese Worte? 

Wenn Politiker*innen in Polen die Presse- und Meinungsfreiheit einschränken oder Erdoğan deutsche Medienmacher*innen für satirische Inhalte anzeigt, dann wird mit dem Finger auf sie gezeigt. Genau das müssen wir auch hier vor unserer eigenen Haustür machen und das nicht leise hinnehmen! 

Trotzdem, lasst uns über das Thema hinter der Kolumne sprechen: Rassismus und Polizeigewalt in Deutschland. Denn das passiert ebenfalls vor der genannten Haustür. Darum sollte sich die Debatte eigentlich drehen. Dagegen hat man laut zu sein. 

Auch wenn Seehofer nun doch keine Anzeige erstattet, heißt das nicht, dass es nicht andere getan haben. Hier findest du den Link zu dem offenen Brief “Pressefreiheit statt Polizeigewalt”, der zu Solidarität mit Hengameh aufruft. 

Ciao, Diskursverschiebung: Das ist ein Link zur Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP). Und hier geht’s zum Instagram Account Verbündete*r sein, der sich an weiße Menschen richtet, die ihren eigenen Rassismus erkennen und entlernen wollen. 

Laura hat im MDZ vom März einen Beitrag zu dem Buch Sprache und Sein von Kübra Gümüsay geschrieben, das sich noch mal tiefer mit Sprache und ihren Bedeutungen auseinandersetzt.   

Disclaimer: Emely kennt Hengameh über eine Ecke persönlich, hat aber schon länger keinen direkten Kontakt mehr mit ihr gehabt und auch in dem Zusammenhang mit diesem Artikel nicht mit ihr gesprochen.

Und, wie immer, zum Schluss:

Und zum Schluss unsere Frage an euch: Was habt ihr zuletzt gesehen oder gelesen, das euch die Augen geöffnet oder überrascht hat. Wir freuen uns über eure Empfehlungen in den Kommentaren oder drüben bei Instagram (@trotzdem.mag)!”

Von redaktion

Die zwölfköpfige Redaktion ist soziokratisch organisiert und immer offen für neue Gesichter! Falls du also Lust hast, deinem Talent ein Medium zu geben: Schreib uns an moin@trotzdem-mag.de

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