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Der Monatliche Dreizeiler im Oktober über verschönerte Grenzen, weibliche Lust und transformative Musik

Titelbild: Emely Pieper – Zusammenstellung: Svenja Sgodda

Einmal im Monat präsentieren wir im Monatlichen Dreizeiler, was uns in letzter Zeit inspiriert oder geschockt hat. Das was augenöffnend war. Außerdem sammeln wir für den neuen Monat immer mal das, was noch kommt: Interessante Veranstaltungen oder Aktionen zu Feminismus, Nachhaltigkeit und Transformation in Schleswig-Holstein.

In den Beiträgen für den Oktober dreht sich alles um Grenzen: Wahrgenommene Grenzen zwischen Sagbarem und Nicht-Sagbarem spielen bei Maries Vorstellung von „Sie hat Bock“ eine Rolle. Anni berichtet vom Wildschweinzaun an der deutsch-dänischen Grenze, der seit letztem Jahr die Bewegungsfreiheit von Tieren einschränkt. Und Emely spendiert mit den TransformaTunes die passende Musik für alle, die Grenzen sprengen und die Welt verändern wollen.

Jenseits von “stets glatt rasiert und gefügig”

Marie fühlt sich bei Regen und Wind oft am lebendigsten. Die Bandbreite der großen und kleinen Themen des Lebens, die sie beschäftigten, ist genauso weit wie der nordische Horizont.
— Marie über das Buch „Sie hat Bock“ von Katja Lewina

Ich stehe am Hamburger Hauptbahnhof und lese: „Wenn Frauen […] nicht so leicht kommen, liegt das nicht an physiologischen Gegebenheiten. Sondern daran, dass heterosexuelle Männer ganz einfach nicht wissen, was genau sie tun sollen, um es einer Frau zu besorgen. Und daran, dass Frauen sich nicht trauen, es ihnen zu sagen.“ Mein Zug hievt sich über den Nord-Ostsee-Kanal während ich die Wortkreationen „Vulvina“ (Vulva + Vagina – um somit „die Gesamtheit unseres Untenrums“ benennen zu können) und „Charme-Lippen“ oder „Vulvalippen“ feiere. Und am Flensburger Hafen sitzend wartet dann noch diese Frage auf mich: „Was wäre […], wenn Sex und Liebe Dinge wären, die zwischen allen, wirklich allen Menschen passieren dürften, für fünf Minuten oder ein Leben lang? Wenn das eine mit dem anderen nicht unbedingt etwas zu tun haben bräuchte?“

Im öffentlichen Raum ein Buch mit dem Titel „Sie hat Bock“ lesen – da wandern natürlich etliche Blicke vom Cover zu meinem Gesicht. Doch – und das ist das Besondere – der Autorin Katja Lewina gelingt es meine Gedanken (à la „Was denkt die*der denn nun wohl von mir?“) immer wieder wegzuschreiben. Weil sie so wunderbar selbstverständlich über weibliche Körper, Lust und Sexualität schreibt und die Themen damit genau dorthin holt, wo sie hingehören: In den Raum des Sagbaren. Das Drüber-Sprechen scheint sich zu lohnen: „Je weniger Geheimnisse, desto mehr Freiheit.“

Katja Lewina, Sie hat Bock, DuMont Buchverlag, 2020, ISBN: 978-3-8321-8117-8

Grenzverschönerungen bei Kruså

Anna mag Bücher binden beziehungsweise gestalten – dabei isst sie am liebsten Lakritz und Rote Beete. Sie hat Urbanistik in Weimar studiert.
— Eine Entdeckung von Anna an der deutsch-dänischen Grenze

Auf einem Spaziergang bin ich vergangene Woche an dem Wildschweinzaun bei Kruså vorbeigelaufen – was mir ein schönes, kleines Schmunzeln bereitete. Der Zaun verläuft entlang der deutsch-dänischen Grenze und wurde letztes Jahr im Dezember fertiggestellt. Er ist eine Maßnahme der dänischen Regierung, das Land vor der Afrikanischen Schweinepest zu schützen; denn die Produktion und der Export von Schweinefleisch ist ein bedeutender Zweig der dänischen Wirtschaft.

Für die Errichtung erntete das Land aus vielen Richtungen Kritik: Der Zaun beeinträchtige das landschaftliche Bild der Grenzregion und führe zu einer eingeschränkten Beweglichkeit für die Tierwelt. Außerdem wird die Wirksamkeit infrage gestellt, denn die Infektion werde auch durch das Handeln des Menschen übertragen. Dazu kommt die symbolische Wirkung: Eine Grenze.

Umso schöner: Den Zaun schmücken zwei Bilderrahmen mit friedlichen, freien Landschaftsaufnahmen. Und vielleicht landen dort bald noch mehr Fotos?!

trotzdem präsentiert – die TransformaTunes 

Emely mag Tiere,
Orhrringe und bunte
Farben. Sie erzählt
gern komische
Geschichten und
träumt von einem
Podcast, den sie
FreshFM nennen
würde.
— eine musikalische Anregung von Emely

Mein Weg zu trotzdem beginnt im März 2019 auf dem Sofa inmitten einer WG Party mit schlechter Musik. Dort sitze ich und halte Emma einen merkwürdigen Pitch darüber, dass ich gern einen Artikel über “transformative Musik” schreiben würde. Und sie sagt einfach (überraschenderweise), ok, mach das doch. Ehrlich gesagt, weiß ich selbst nicht mehr so richtig, was ich mit transformativer Musik damals meinte. Ich glaube, es ging mir darum, dass ich ein Faible für politische Musik habe, weil ich damit aufgewachsen bin.

Und darum, dass diese Songs mich oft aus starren Momenten der Ohnmacht, Frustration und Überforderung herauslösen. Sie geben mir ein gutes Gefühl, sie sind empowernd und manchmal halt einfach Hits. Hier ist sie also, die Transformatunes Playlist mit Titeln, die auf zum Teil unterschiedliche Weise einen Bezug zu gesellschaftlichen Themen haben. Laut, leise, ernst und zum Schmunzeln, es ist alles dabei.

Um dir eine Idee zu geben, hier meine persönlichen Highlights:

Big Yellow Taxi – Joni Mitchell 

Diesen Hit kennst du ganz sicher. Und Joni hat Recht, ich habe keinen Bock auf Parkplätze im Paradies oder auf Insektizide. “Give me spots on my apples, but leave me the birds and the bees!” 

Ich bin sauer (Der Wassertropfen) – Rolf Zuckowski 

Entschuldigung, aber seiner Zeit voraus. Wenn du das wie ich im Kindergarten mitgesungen hast, dann bist du jetzt ein Öko. I don’t make the rules. 

Neoliberalism Kills People – Lowkey 

“Rosa Luxemburg gave us this simple truth, you won’t feel your chains till the day you begin to move”, Zitat Ende. 

Borders – M.I.A.

Genau die richtigen Fragen zu genau dem richtigen Beat. Banger. 

Und, wie immer, zum Schluss:

Und zum Schluss unsere Frage an euch: Was habt ihr zuletzt gesehen oder gelesen, das euch die Augen geöffnet oder überrascht hat? Wir freuen uns über eure Empfehlungen in den Kommentaren oder drüben bei Instagram unter den Posts zum Monatlichen Dreizeiler (@trotzdem.mag)!

Von redaktion

Die zwölfköpfige Redaktion ist soziokratisch organisiert und immer offen für neue Gesichter! Falls du also Lust hast, deinem Talent ein Medium zu geben: Schreib uns an moin@trotzdem-mag.de

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