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Der Monthly Dreizeiler über eine inspirierende Frau, Kleines das große Auswirkungen hat, altes Wissen und 40 Tipps für angehende Feministen

Ein Mal im Monat präsentieren wir im Monthly Dreizeiler, was uns in letzter Zeit inspiriert hat, oder sogar augenöffnend war. Damit unser Blick dabei nicht von gedanklichen Scheuklappen eingeengt wird, sondern immer schön offen bleibt, gibt es hier auch Dreizeiler von unseren Co-Autor*innen. Diesmal von Philipp und Alexa.

 

Die Frau, die mich inspiriert.

Eine kurze Liebeserklärung.

Inspiration. Ein Substantiv, feminin. Und das Wort, das ich nun nutze, um meine, nur schwer in Worte zu fassenden, Gefühle für eine Frau in eine Buchstabenreihe zu pressen. „Wer oder was hat dich inspiriert?“ – Immer wenn mir diese Frage gestellt wird, kann ich sie eigentlich nur so beantworten: Vandana Shiva.

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Vandana Shiva auf dem hier&da Festival in Mals, Südtirol. Fotocredits: Simon Platter

Vandana Shiva erhielt 1993 den alternativen Nobelpreis, ist eigentlich Physikerin und hat schon zahlreiche Bücher geschrieben. Wikipedia bezeichnet sie als soziale Aktivistin und Globalisierungskritikerin.

1991 gründete sie, als Antwort auf die Patentvorhaben großer Agrarkonzerne, Navdanya, eine Saatgutbank in Indien, die für (mehr) Ernährungssouveränität sorgt. Mit bemerkenswerter Ausdauer und Klarheit kämpft sie seitdem für (mehr) Demokratie, eine kleinbäuerliche ökologische Landwirtschaft, gegen Großkonzerne und für Aufklärung.

Ihre Vision für eine demokratische Ernährungspolitik ist das, was mich so inspiriert, denn Vandana Shiva setzt sich nicht nur für die von mir erwähnten Themen ein, sondern spielt eine weitaus größere Rolle im wirren Gef(l)echt dieser Welt. Sie widmet ihr komplettes Leben dem Widerstand.

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– Alexa

Kleines Buch – Großes Thema 

Buchempfehlung: Kleine Gase – große Wirkung von David Nelles und Christian Serrer

Letztens sagte jemand zu mir in etwa folgendes: „Wenn wir das 1,5-Grad-Ziel verpassen, dann werden es eben 1,6 oder 1,7 Grad – davon wird die Welt auch nicht untergehen.“

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Das Cover des Buches Kleine Gase – Große Wirkung. Der Klimawandel

So einfach ist es leider nicht.

Früher habe ich den Klimawandel auch als einen linearen Prozess verstanden: Wenn wir nicht das 1,5 Grad Ziel erreichen, sondern nur 2 Grad, dann gibt es mit jedem Grad mehr an Erwärmung eben ein mehr an Naturkatastrophen, Überschwemmungen und unfruchtbaren Böden durch Desertifikation. Ich dachte auch: Irgendwann würden wir schon begreifen, was wir da tun und es schaffen, bei 2-Grad Erderwärmung kein CO2 mehr zu emittieren. Wenn dann dieser Punkt erreicht wäre, wäre auch wirklich Schluss mit weiterer Klimaerwärmung.

Um zu verstehen, dass Klimawandel ein verdammt komplexes Gefüge ist, gibt es das Buch Kleine Gase – Große Wirkung. Der Klimawandel. Die beiden Studierenden David Nelles und Christian Serrer erklären darin sehr anschaulich den sehr unübersichtlichen Klimawandel. Und, dass es Rückkopplungseffekte und Kipppunkte gibt, die, werden sie einmal überschritten, unveränderbare und unvorhersehbare Folgen haben. Das Buch macht klar, dass Klimawandel eben kein linearer Ablauf ist, den wir an einer bestimmten Stelle stoppen können. Sondern ein Prozess, der sich ab einem bestimmten Zeitpunkt verselbständigt, ohne dass wir etwas dagegen tun können. Es gibt einen Punkt, zu dem die unterschiedlichen Erdsysteme sich so verändern werden, dass menschliche Existenz unmöglich wird – und das sind, allen bisherigen Berechnungen nach, die 1,5 Grad. 

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– Philipp

Die Sexismusprobe

und 39 weitere Tipps für die Feministen von morgen

Dieses Mal von mir eine kurze und knappe Leseempfehlung:

Margarete Stokowski, deren Buch Untenrum frei Marie im letzten Monthly Dreizeiler empfahl, schreibt eine wöchentliche Kolumne bei Spiegel Online. Besonders gefallen hat mir der wunderbare Servicepost von letzter Woche. Darin erklärt Stokowski in vierzig Punkten, was ein Mann tun muss, um zum Feministen zu werden. – Für alle Männer, die Unsicherheiten verspüren. Und damit alle Feminist*innen mal durchschnaufen können.

Wenn Mann sich nur eine Kniff merken sollte, dann vermutlich diesen: “Wann immer Sie unsicher sind, ob Sie etwas Sexistisches sagen oder tun, machen Sie die einfachste Sexismusprobe, die es gibt: Vertauschen Sie im Kopf die Geschlechterrollen und schauen Sie, ob es merkwürdig wird. Wenn Sie gerade über eine Frau sagen wollten, dass sie wahrscheinlich so anstrengend ist, weil sie keine Kinder hat, fragen Sie sich, ob Sie über einen Mann auch so reden würden.” – Emma

 

Wo das alte Wissen sitzt

Das Wikinger Museum in Haithabu

Wir sind mit 15 000 anderen Menschen auf dem Frühjahrsfest im Wikingerdorf in Haithabu. An diesem Osterwochenende wird das Freilichtmuseum mit alltäglichem Wikingerleben gefüllt: Ich schaue einer Korbflechterin zu, wie sie verschiedene Weidenarten, auf verschiedene Arten, zu Körben in unterschiedlichsten Größen flicht. Ich lasse mir erklären, wie man mit Läusen Wolle färbt und, dass man mit Schachtelhalm Holz schleifen kann.

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Die von Hand gesponnene, gefärbte und zu einem Knäuel aufgewickelte Wolle liegt vor dem Haus aus Lehm und wartet darauf weiterverarbeitet zu werden.

Jetzt stehe ich im hinteren Teil eines niedrigen Häusschens aus braunem Lehmputz mit Reetdach und Schwalbennest im Gebälk. Es ist dunkel. Vorne weben Männer und Frauen Bordüren, spinnen Wolle und machen Schmuck. Im hinteren Teil stehe ich neben einer Frau, die auf einem Tisch und eine steinerne Handdrehmühle bedient: Sie mahlt Mehl. Ich habe viele Fragen und alle werden geduldig beantwortet. Ich wirke wohl so neugierig, dass mir spontan vorgeschlagen wird: “Komm, hier haste ein Gewand und dann kannst du hier mitmachen!” Ganz überrumpelt antwortete ich: “Ich kann doch gar nix!

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Die Handdrehmühle erfordert einiges an Geduld. Bevor man 500gr feines Mehl hat, muss man einen ganzen Vormittag Korn in mehreren Durchläufen mahlen.

Das stimmt so nicht ganz: Ich kann schon einiges. Aber – und das ist zugegebenermaßen, eine sehr düstere Vorstellung – wenn der Strom ausfiele, es kein Gas oder Öl mehr gäbe, wenn Krieg herrschte und ich alleine auf mich gestellt wäre: Ich könnte nicht mal einen Hexenröhrling von einem gemeinen Champignon unterscheiden.

Dass es solche Orte gibt, an denen jahrtausende alte Kulturtechniken erhalten bleiben, eingeübt und erklärt werden, beruhigt mich: Hier geht es auch ohne Kunststoff, Roboter und Auto. Und: Man kann es lernen, denn auch die Frau, die in historische Gewänder gekleidet ist und mit Steinen Mehl mahlt, zückt von Zeit zu Zeit ihr Smartphone.

 

Auch wenn viel davon archaisch klingen mag, konnte ich Erkenntnisse für mich ableiten: Wir sollten anfangen Subsistenz zu erlernen. Denn jenseits des Interesses an der alten Kultur der Wikinger, wird hier eine Art Unabhängigkeit von industrieller Fremdversorgung gezeigt. Ganz praktisch üben diese Leute Gemeinschaftsnutzung ein und tragen zu einer Nutzungsdauerverlängerung der Dinge bei, die sie in Eigenproduktion herstellen, indem sie sie reparieren (können).  – Laura

 

Von redaktion

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