leise

Sei mal leise!

Zusammengestellt von: Emely Pieper – Illustrationen: Laura Klein

Hallo und herzlich Willkommen zur trotzdem Leiseliste!

Wir haben uns gefragt: Wo wird das Thema leise auf besondere Art greifbar? Wie hat es unser Leben bereits bereichert? Was davon ist so schön oder auch einfach besonders, dass wir es mit dir teilen möchten? Herausgekommen sind  acht Empfehlungen aller Art, die dir von verschiedenen Redaktionsmitgliedern wärmstens ans Herz gelegt werden. Es ist was zum Lesen, Hören, Genießen und zum Selbstdenken dabei. Und sicher auch was für dich. Wir wünschen dir viel Spaß und viel Inspiration!

  1. Lea empfiehlt: Eine Frau flieht vor einer Nachricht
    Einen Roman von David Grossmann

    Wie lange können Menschen Dinge, die ihnen zugestoßen sind, stillschweigend in sich vergraben? Kann Sprechen einen Menschen vor dem Tod bewahren? Über wie viele Generationen können Verletzungen und Angst weitergegeben werden? – Für mich beschreibt Grossmann das Leise, das durch Traumata erzeugt wird, in diesem Roman so gut, dass es kaum auszuhalten ist.
  1. Laura empfiehlt: Stilltee
    Was? Ja, Tee. Zum selber sammeln oder aus der Apotheke

    Eine Freundin hat uns Stilltee aus dem Laden mitgebracht, in dem sie arbeitet: „Ist abgelaufen”, hat sie schmunzelnd gesagt. Wir lachten. Jetzt trinken wir also Stilltee. Eine feine Kombination aus Anis, Kümmel, Melisse, Fenchel und Lavendel. Das hilft, und das wusste schon Hildegard von Bingen, die innere Balance zu finden und fördert entspanntes Stillen — also das Stillsein. (PS: Keine Angst vor Milchbildung!) 
    How to: 40 g Anissamen, 40 g Fenchelsamen und 25 g Kümmelsamen im Mörser anmörsern und mit 25 g Melissenblättern und 25 g Lavendel mischen. Luftdicht in einer Dose aufbewahren. Pro Tasse einen Teelöffel der Kräuter aufgießen.
  1. Emely empfiehlt: La vita nuova 
    Eine EP / Kurzfilm von Christine and the Queens

    Wann hat dich Kunst das letzte Mal sprachlos gemacht? Als ich dieses Meisterwerk der französischen Künstlerin Héloïse Letissier sah, saß ich erst überwältigt, dann beinahe andächtig vor meinem Laptop und staunte stillschweigend. Über 12 grandiose Minuten entsteht durch ein packendes Zusammenspiel aus Musik, Tanz, Kostümen und Kulissen ein packendes audio-visuelles Erlebnis. Wenn zwischen den sanften Pop-Beats der einzelnen Tracks Letissier’s leises Flüstern ertönt, bekomme ich Gänsehaut. Das ist kein Musikvideo, das ist wie ein Theaterstück mit mehreren Akten.
  1. Emma empfiehlt: Quiet is the new loud
    Ein Album von Kings of Convenience

    Das Album ist schon fast 20 Jahre alt und kein Geheimtipp. Trotzdem ist es eine wahnsinnig persönliche Empfehlung, weil ich, immer wenn es mir schlecht geht oder wenn ich mich heimatlos fühle, auf KOC zurückgreife. (Das ist so ein Teenager-Überbleibsel.) Das Leise steckt hier natürlich im Titel, aber auch in den oft uneindeutig melancholischen Songtexten: In vielen geht es, auf die eine oder andere Weise darum, aufeinander Acht zu geben, liebevoll und sanft miteinander umzugehen, selbst wenn das Leben nicht so läuft, wie gewünscht und geplant. Das ist kein laut gebrülltes „Ich liebe dich”, sondern eher ein geflüstertes „Ich bin für dich da”. Und das können wir alle, glaube ich, gerade gebrauchen!
  1. Marie empfiehlt: Zeit für Stille
    Ein Dokumentarfilm von Patrick Shen (Regie) 

    Geht es bei Stille um die Abwesenheit von Geräusch oder vielmehr um Innehalten, Abstandnehmen und Fokusänderung? Ab wann werden Geräusche zu Lärm? Und was macht Lärm, was macht Stille mit Menschen? Zeit für Stille lässt durch seine stillen wie lauten Momente, den Effekt von Lautstärke erleben und enthält herrlich viele Aussagen, über die es sich nachzudenken lohnt: „Silence is a journey into the wilderness. And into the dark. Silence is a journey right into the heart of your being.”
    Klar wird: Die Welt, wie wir sie geschaffen haben, ist unsäglich laut. Das macht Menschen nicht nur krank, sondern lässt kaum Gelegenheit für Reflexion und ein Sich-Einlassen auf die Mitwelt – beides mehr als notwendig für einen sozial-ökologischen Wandel!
  1. Emely’s Instant-Ruhe 
    Ein Life Hack vom Hersteller deines mobilen Endgeräts

    Du vermisst Urlaub? Vielleicht vermisst du sogar (tief im Unterbewusstsein versteckt, hinter enormer Flugscham) das Gefühl, in einem Metallzylinder durch die Luft Richtung Entspannung zu gleiten? Dieser Moment in dem sich der eiserne Vogel zum Take-off bereit macht und du genau weißt: Jetzt bin ich, für die Zeit der Reise, absolut unerreichbar? LIFE HACK! Der Flugmodus funktioniert tatsächlich auch zu Hause! Genial, oder? Mein absoluter Geheimtipp: den Flugmodus anmachen und das dann sofort vergessen. Unglaublich aber wahr, dadurch hatte ich einige Tage mega das Urlaubsfeeling – Do try this at home!
  1. Svenja empfiehlt: Eine geheime Liebe (A secret love)
    Eine Dokumentation von Chris Bolan (Regie)

    Zwei Frauen, die sich seit über 60 Jahren lieben, entscheiden sich, ihre Beziehung öffentlich zu machen und wir als Zuschauer*innen dürfen in dieser leisen, langsamen Dokumentation daran teilhaben. Über den Zeitraum von mehreren Jahren begleiten wir Pat Henschel und Terry Donahue auf ihrem Weg zwischen Outing, Alltag und der Frage, wie es ist als (lesbisches) Paar alt zu werden. Immer wieder erhalten wir Einblicke in die Entscheidungen, die die beiden über die gemeinsamen Jahrzehnte hinweg gefällt haben. Wir sehen Momente der Herausforderung und der Angst – zerrissene Liebesbriefe mit ausgekritzelten Namen –, aber auch der Liebe und Verbundenheit. Was nach 81 Minuten bleibt, ist die Hoffnung, dass es sie noch gibt: Die großen Liebesgeschichten. Und die Gewissheit, dass es für uns als Gesellschaft noch ein langer Weg ist, bis alle so frei lieben und leben können, wie sie können sollten.
  1. Laura empfiehlt auch: Stille Liebe West
    Ein Spaziergang in 24941 Flensburg

    Am Rande der Marienhölzung liegt die Stille Liebe. Sie ist mit dem Fahrrad, zu Fuß oder mit dem Bus aus der Mitte Flensburgs binnen 15 Minuten zu erreichen. Bereits der Name Stille Liebe bringt den eigenen Geist auf andere Gedanken und Wanderschaft. Auf der angrenzenden wilden Wiese grasen große Kühe mit langem, zottigen Fell. Morgens steht der Nebel über der Wiese und Meister Lampe hoppelt über den Weg. Durch die Stille Liebe wird man in den Wald geschleust, der im Frühling duftet, im Sommer kühlt, im Herbst leuchtet und im Winter knistert. Dein Puls verlangsamt sich und der Kopf kommt wieder klar.

Von redaktion

Die zwölfköpfige Redaktion ist soziokratisch organisiert und immer offen für neue Gesichter! Falls du also Lust hast, deinem Talent ein Medium zu geben: Schreib uns an moin@trotzdem-mag.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert